Allgemeine Erfahrungen von fünf Jahren Qualitätsbonitur in der Pfalz


vollreife Beeren - da lacht das Herz
Ziel sind gesunde und vollreife Trauben
Seit 2001 sind einige Pfälzische Winzergenossenschaften und Erzeugergemeinschaften neue Wege bei der Traubenbezahlung gegangen. Die Absicht war, eine transparente Basis für eine gerechtere Honorierung der qualitäts-
fördernden Maßnahmen zu schaffen und damit gesundes, vollreifes und aromatisches Lesegut durch gute Bewirtschaftung der Weinberge zu sichern. Zusammen mit der Weinbauberatung wurde das System der Qualitätsbonitur im Weinberg erfolgreich zur Praxisreife umgesetzt. Wesentlich bei allen teilnehmenden Betrieben ist, dass die Boniturteilnahme für den Mitgliedswinzer freiwillig erfolgt. Jeder Mitgliedswinzer kann also selbst entscheiden, ob und in welchem Umfang er sich daran beteiligen will. Allerdings erteilt das Entscheidungsgremium der jeweiligen Erzeugergemeinschaft gewisse Vorgaben, zum Beispiel ob nur bestimmte Sorten oder beste Lagen in das Boniturprogramm einbezogen werden. Auch ein Mindest- oder Höchstflächenanteil der bewirtschafteten Fläche am Boniturprogramm kann im Einzel nenreglementiert werden, teilweise ist ein Mindestrebalter für die Teilnahmeerforderlich. Auf Einladung des DLR Rheinpfalz in Neustadt an der Weinstraße erfolgte Mitte Januar ein Meinungsaustausch mit den beteiligten Erzeugergemeinschaften. Im Folgenden sind bisherige Erkenntnisse und Verbesserungsvorschläge zusammengefasst.




Prinzip der Bewertung (Bonitur)
Kernstück bei der Umsetzung ist ein individuell für den Betrieb zugeschnittener Boniturbogen, der zur Bewertung des Bewirtschaftungszustandes der Anlage dient. Die Bewertung ist insgesamt nicht als Ja/Nein Entscheidung zu verstehen, sondern sie wird in Form von Plus- und Minuspunkten vergeben und somit abgestuft. Somit kann die Punktesumme als Bestandteil der Traubengeldauszahlung herangezogen und pro Boniturpunkt ein bestimmter Zusatzbetrag in Cent pro Kilogrammoder ein prozentualer Aufschlag pro Kilogramm gewährt werden. Die Bewertung ist so gestaffelt,
dass Zusatzmaßnahmen das Punktekonto je nach Intensität erhöhen und leichter Krankheitsbefall oder Schäden zu Punkteabzügen führen. Bei wichtigen Kriterien wie die Behangregulierung oder frühe Fäulnis, sind Zuschläge oder Abstufungen entsprechend hoch. Als Beispiel ist ein Boniturbogen einem Praxisbetrieb dargestellt.
Wird eine definierte Mindestsumme nicht erreicht bzw. führt ein wichtiges Kriterium zum Ausschluss,so bedeutet das insgesamt der Ausschluss der Fläche aus dem Qualitätsprogramm. Die Fläche wird dann in der Regel ohne Zuschläge nach dem üblichen Modus abgerechnet. Positiv für den Winzer ist es, dass er durch die Punktebewertung seine Zusatzleistung individuellhonoriert bekommt. Winzer, die sich unter den fachlichen Gesichtspunkten der Qualitätserzeugung stärker engagieren, können mehr Geld erhalten. Der Boniturzuschlag soll die Mehrarbeit im
Weinberg und den Mengenverlust durch Ausdünnmaßnahmen ausgleichen. Über eine ausgewogene Staffelung der Mostgewichte und die Bewertung des Gesundheitszustandes soll daher die flächenbezogene Auszahlung deutlich über den durchschnittlichen Auszahlungsergebnissen
liegen.



Erste Bewertung Anfang September
Wesentlich bei den teilnehmenden Betrieben ist, dass eine zweimalige Bewertung stattfindet. Die erste Bewertung der Anlage erfolgt circa 14 Tage vor dem allgemeinen Lesetermin und wertet im Wesentlichen den Pflegezustand der Rebanlage, nachdem sämtliche Pflegemaßnahmen erledigt sind.
Berücksichtung finden bei der ersten Bewertung fachgerecht eingesetzte Zusatzarbeiten zur Qualitätssteigerung wie Ausdünnen, Entblättern und Fäulnismanagement. Schadbefall im Laub und auf den Trauben (Mehltaukrankheiten, Roter Brenner, Sauerwurmbefall und Zikaden) führen zu mehr oder minder starken Abschlägen. Auch die Laubwand spielt bei der Bewertung eine tragende Rolle, da die Einlagerung von wertgebenden Inhaltsstoffen nicht nur vom Hektarertrag an sich abhängt sondern in erster Linie von der Versorgung der Trauben durch leistungsfähige und gut belichtete Blätter. Unter dem Gesichtspunkt eines guten Blatt-Frucht-Verhältnisses führen also eingekürzte Schnabeltriebe und nicht ausgebrochenen Kurztriebe zu Abschlägen. Weiter ist die Ernährungssituation und ausgeglichene Wüchsigkeit ein maßgebliches Bewertungskriterium. Durch Trockenstress geschädigte Weinberge können ebenso abgewertet werden wie zu wuchskräftige Anlagen mit bereits sich abquetschenden Beeren. Wesentliche Unterschiede bei der Bewertung zwischen Rot- und Weißweinsorten gibt es bei den Kriterien Entblätterung, Wuchskraft und bei der Nachbewertung zur Lese auch beim Botrytisbefall.

Weißweinsorte mit moderater Entblätterung und hoher Laubwand
Weißweinsorte mit moderater Entblätterung und hoher Laubwand erzielt hohe Mostgewichte und bewirkt
vorbeugend Botrytisschutz



Nach heutigen Fachkenntnissen sollte die Entblätterung der Traubenzone bei Rotweinsorten in ertragsreduzierten Anlagen stärker erfolgen und auch die besonnte Laubwandseite mit einschließen (gute Ausbildung der Farbstoffe, Phenole, feste Beerenhaut fördert Abhärtung). Eine stärkere Entblätterung sollte mit einer guten Ertragsreduktion einhergehen, damit das Blatt-Frucht-Verhältnis ausgeglichen bleibt. Bei Weißweinsorten genügt eine Entblätterung von der Schattenseite aus, um den Bewertungskriterien gerecht zu werden. Eine nicht fachgerechte, völlige Freistellung der Traubenzone bei Weißweinsorten könnte hier theoretisch sogar zur Abstufung führen, da mit Reifeverzug und mangelnder Einlagerung von Aminosäuren und Aromastoffen in die Trauben gerechnet werden muss. Dies kann wiederum zu Gärproblemen führen kann, und nicht im Sinne eines Qualitätsdenkens ist. Auch Unterschiede zwischen Rebsorten können bei der Bewertung berücksichtigt werden.
Trockenstress führt insbesondere bei Weißweinsorten zu Abwertungen
Trockenstress führt insbesondere bei Weißweinsorten
zu Abwertungen, UTA lässt grüßen

So sollte der Entblätterungsgrad bei dichtlaubigen Burgundersorten, Kerner und Silvaner etwas stärker sein als bei Riesling oder Dornfelder. Qualitätslabile Sorten mit großen Trauben (Dornfelder, Muskateller) und Klone (Spätburgunder M- und L-Klone) sollten bei der Ausdünnung breiter gewichtet werden, als qualitätsstabile Sorten mit kleineren Trauben wie Traminer oder Riesling.
Wie mehrfach Erfahrungen gezeigt haben, führt gerade die optimale Entblätterung nicht selten zu Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Winzerschaft aber auch innerhalb der Bewertergruppe selbst.



Gute Fachkenntnisse sind für richtige Bewertung Grundvoraussetzung
Häufig wird in einem sattgrünen, mastigen Weinberg mit vollen Trauben immer noch das Pflegeoptimum gesehen und ein etwas
lichterer aber trotzdem noch ausreichend ernährter Weinberg mit lockeren Trauben und kleineren Beeren vorschnell als zu schwachwüchsig eingestuft. Besonders bei Rotweinsorten führt ein leichter Trockenstress zur verstärkten Einlagerung von Farb- und Gerbstoffen, die Beeren bleiben etwas kleiner, die Trauben gesünder und die Fülle im Wein nimmt zu. Alle Pflegemaßnahmen müssen nach den Kenntnissen der Qualitätsproduktion durchgeführt werden. Auch hohe, etwas labilere Laubwände entsprechen für manche noch nicht der Idealvorstellung eines gut gepflegten Weinberges, eine knapp geschnittene Laubwand ist nur aus optischen Gründen ansprechender, nicht aus Sicht der Qualitätsproduktion. Auf Schwierigkeiten stoßen ebenfalls Weinberge, die mit dem Vollernter ausgedünnt wurden. Grundsätzlich gilt: Es sollte nicht bewertet werden, ob der Winzer sehr fleißig war und sich viel Arbeit im Weinberg gemacht hat, sondern ob die Arbeit den Grundlagen der qualitätsoptimierten Traubenproduktion entspricht. Hierzu sollte den Mitgliedswinzern im Rahmen von Gruppenberatungen im Vorfeld Hilfestellungen gegeben werden, da es in vielen Fällen, besonders bei älteren Nebenerwerbswinzern ohne Fachausbildung, an diesen Kenntnissen fehlt und deshalb an überkommenen Traditionen festgehalten wird. Solche Schulungen werden meist dankend angenommen und die Lerninhalte anschließend praktisch umgesetzt.
Ein gewisser Spielraum bei der Bonitur ergibt sich durch die Vergabe von Zwischenpunkten. Wichtig ist es, nicht stur nach Plan zu verfahren, sondern Fachkenntnisse einfließen zu lassen. Leicht abweichende Punktevergabe sollte immer bei der Bewertung schriftlich begründet werden, so dass die Punktevergabe jederzeit nachvollziehbar ist. Das gilt für besondere Schädigungen durch Stiellähme, Hagelschlag, Sonnenbrand etc.
In diesem Zusammenhang bleibt festzustellen, dass es eine absolute objektive Bewertung nicht geben kann, da es auch keine absolute Qualitätsdefinition gibt. Dies wird auch die moderne Analytik nicht leisten können. Trotzdem können, wie die zurückliegende Erfahrung aufzeigt, die Unterschiede zwischen fachlich guter Bewirtschaftung auf der einen Seite und nachlässiger Arbeit in den verschiedenen Abstufungen visuell gut erfasst und quantifiziert werden. Entscheidend ist, dass die Bewertung gewissenhaft und nicht oberflächlich erfolgt. Es sollten mindestens 15 Minuten Zeit pro Weinbergsparzelle einkalkuliert werden. Die Anlage muss immer als Ganzes betrachtet werden, dazu gehört, dass mindestens 2 Zeilen ganz abgelaufen werden und auf Bewirtschaftungsunterschiede geachtet werden muss. Manch findiger Bewirtschafter dünnt sonst nur die halben Zeilen von der Wegseite her aus. Weiterhin sind Bodenunterschiede (Trockenschäden) zu berücksichtigen. Schließlich geht es auch für den Bewirtschafter um viel Geld und er lässt sich nur dafür begeistern, wenn er weiß, er erhält eine korrekte Bewertung und damit gerechte Auszahlung.
Vergleichbare Anlagen, zum Beispiel alle Rieslingflächen, sollten möglichst am gleichen Tag und von der gleichen Gruppe bewertet werden, somit ist erfahrungsgemäß eine sehr homogene Bewertung gegeben. Insgesamt sollte die Bewertung möglichst innerhalb weniger Tage bewerkstelligt sein, da sonst zunehmende Fäulnis rasch zu Fehlinterpretationen führt und so die Einzelparzellen nicht mehr vergleichbar sind.
Erfahrungen haben gezeigt, dass eine zusätzlich Ertragsüberschlagsrechnung (Ertragsschätzung durch auszählen von 20 Stöcken und wiegen von 20 durchschnittlichen Trauben) bei der Bonitur sinnvoll sein kann. Somit kann überschlagsmäßig festgestellt werden, wie in etwa die Erntemengen liegen wird. Nicht selten gab es in der Vergangenheit bei der Traubenannahme Überraschungen über die tatsächlichen Flächenerträge, besonders 2004 waren diese höher als erwartet, auch in gut bonitierten Flächen.

Auszahlung für Premiumqualität besser flächenbezogen durchführen
Häufig wird für Sonderserien (betriebsinterne Selektionslinien) die Einhaltung eines strikten Ertragskorridors abverlangt, besonders hier kann die Ernteschätzung im Vorfeld eine gute Hilfestellung leisten. Durch Witterungseinfluss sind aber gewisse Abweichungen nach oben oder unten, selbst bei präzisen Schätzungen, möglich.
Gerade in der Top-Premium-Produktion haben sich flächenbezogene statt ertragsbezogene Auszahlungsmodalitäten bewährt. Es fällt dem Winzer damit leichter, noch bei der Lese schlechtes Traubenmaterial zu verwerfen oder im Vorfeld stärker auszudünnen, wenn er einen monetären Durchschnittsflächenertrag plus X (abhängig vom Mostgewicht und Gesundheitszustand) erhält und nicht auf einen bestimmten Zielertrag (z. B. 70 kg/ha) exakt hinarbeiten muss, mit der Konsequenz, dass er bei Überschreitung abgestuft wird und bei Unterschreitung eine geringere Flächenauszahlung erhält. Alternativ ist auch die Einrechnung eines Mengenfaktors mit prozentualen Auf- (Erntemenge unter 70 kg/ha) und Abschlägen (Erntemenge über 70 kg/ha) möglich.

Bonitur: In Fremd- oder Eigenleistung?
Die erste Bewertung zum Reifebeginn wird in vielen Fällen mit „Fremdboniteuren“ durchgeführt. Diese sind zumeist selbst Winzer, die zuvor am DLR Rheinpfalz geschult wurden und danach auf Wunsch zum praktischen Einsatz in die teilnehmenden Genossenschaften und Erzeugergemeinschaften berufen werden. Für den Arbeits- und Sachaufwand (Anfahrt) erhalten sie eine Entschädigung, die sich an den Sätzen der Landwirtschaftskammer für Sachverständige orientiert. Die Bonitur durch Fremdboniteure schließt vorsätzliche Subjektivität nahezu aus und ist somit wesentlich für die Akzeptanz überhaupt. Nicht selten wird von Genossenschaftsvertretern vorgetragen, dass nur externe Prüfer von vielen ihrer Mitgliedswinzern akzeptiert werden. Den eigenen Berufskollegen vor Ort wird oft leichtfertig Parteilichkeit vorgeworfen.
Die Fremdbonitur bedeutet hingegen einen höheren Organisationsaufwand für die Erzeugergemeinschaft: Die Termine müssen mit den Bewertern abgestimmt werden, es muss ein Einsatzplan erstellt werden, eine Begleitperson muss die Gruppe zu den Einzelparzellen führen. Hier versteht sich das DLR-Rheinpfalz als Mittlerin, die je nach Bedarf und Verfügbarkeit den Betrieben die Fremdboniteure zuteilt und jährlich Anfang August eine Schulung für interessierte Teilnehmer durchführt. Bei der Einteilung wird darauf geachtet, dass wenigstens 30 Kilometer Distanz zwischen dem Wohnort des Boniteurs und dem Einsatzort liegen, so kann nahezu ausgeschlossen werden, dass dem Fremdboniteur der Bewirtschafter der zu bewertenden Fläche bekannt ist. Über die Jahre hat sich ein gewisser Personalaustausch zwischen den teilnehmenden Genossenschaften eingespielt, so dass die teilnehmenden Erzeugergemeinschaften gleichzeitig eigene Leute zur Schulung bereitstellt, die wiederum für andere Betriebe bonitieren. So ist weitgehend sicher gestellt, dass genügend Einsatzkräfte verfügbar sind. Trotzdem gab es in der Vergangenheit immer wieder für einzelne Termine Schwierigkeiten, kurzfristige Ausfälle wegen Krankheit oder Verhinderung zu ersetzen. Hier sollte zukünftig angestrebt werden, dass zusätzliches Einsatzpersonal (Springer) kurzfristig zur Verfügung steht. Außerdem sollten Terminzusagen möglichst strikt eingehalten werden.
Es sprechen einige Gründe dafür, dass sich eine Erzeugergemeinschaft langfristig selbst einen festen Stamm an Boniturkräften aufbaut. Diese sollten möglichst nicht gleichzeitig Ablieferer sein. So muss der Boniturbogen nicht jedes Mal von neuen Boniteuren einstudiert werden und der persönliche Umgang ist einfacher, wenn man die Bewerter schon kennt und sich von ihrer fachlichen Qualifikation überzeugt hat. Studenten, Rentner oder Pensionäre können bei fachlicher Eignung gut eingesetzt werden. Unabdingbar ist bei der Bonitur, dass ein Gremium von mindestens 2 bis 3 Bewertern die Anlage besichtigt, also keine Einzelpersonen. So kann am ehesten die Objektivität gewahrt werden und zu subjektive Fehleinschätzungen, die keinesfalls böswillig sein müssen, werden weitgehend vermieden.



Bewertung zur Ernte erfasst nur Fäulnis
Die zweite Bewertung findet unmittelbar vor der Lese statt und beschränkt sich auf die Fäulnisbonitur im zu erntenden Weinberg oder bei der Traubenanlieferung. Wurde im Weinberg gute Vorarbeit gegen Fäulnis geleistet (Traubenhalbierung, Pflanzenschutz, Entblätterung) und bei der ersten Bonitur attestiert, können die Trauben auch im vollreifen Zustand meist etwas länger hängen bleiben. Waren zur ersten Bewertung keine Ansatzpunkte für Fäulnis gelegt (Lockerbeerigkeit, kein Sauerwurmbefall, gute Belüftung der Traube, keine Beerenverletzungen) so kann zur Lese meist gesundes, allenfalls edelfaules Material geerntet werden. Trotzdem muss bedacht werden, dass stark ertragsreduzierte Anlagen durch den Reifevorsprung innerhalb weniger Tage zusammenbrechen können und deshalb sehr zeitnah gelesen werden müssen. In der Praxis führt es regelmäßig zu Unstimmigkeiten, wenn eine gut gepflegte, ertragsreduzierte Anlage durch Überreife zu faulen beginnt und erst mit Normalanlagen gelesen wird. Dieses Witterungsrisiko muss solidarisch getragen werden und kann nicht dem einzelnen Winzer allein aufgebürdet werden. Die Leseeinteilung sollte sich an der Fäulnisentwicklung orientieren. Sonst wird mancher zukünftig nicht mehr bereit sein, an solchen Programmen mitzuarbeiten. Risikozuschläge bei der Auszahlung können Härtefälle abmildern.
kompakte Rieslingtraube - durch Ausdünnung kann die Fäulnis, hier Botrytis und Penicillium, noch beschleunigt werden
kompakte Rieslingtraube - durch
Ausdünnung kann die Fäulnis, hier Botrytis
und Penicillium, noch beschleunigt werden

Durch den Fäulnisfaktor bei der Bonitur wird gesünderes Lesegut bei gleichem Mostgewicht höher als faules Lesegut bewertet, was den fachlichen Ansprüchen der heutigen Traubenverarbeitung bei fruchtgeprägtem Ausbaustil entspricht und bei der Rotweinbereitung das wichtigste Qualitätskriterium darstellt. Mittlerweile kann über moderne Analysentechnik , etwa durch FTIR (Fourier-Transformierte-Infra-Rot) Spektroskopie die Fäulnisbelastung gut und zeitnah bei der Annahme erfasst werden, so dass die Bewertung bei der Traubenannahme zukünftig nicht mehr visuell erfolgen muss, was bei Vollernterlesegut ohnehin kaum möglich ist. Da Pilze und andere Schadorganismen je nach Entwicklungsstadium das Lesegut unterschiedlich stark beeinträchtigen, kann über den analytischen Weg eine exaktere Einstufung erfolgen, als durch visuelle Beurteilung. Wertgebende Inhaltsstoffe wie Aromastoffe, die nur in geringen Konzentrationen vorkommen, können so leider nicht erfasst werden.
Die Bewertung im Weinberg ist, bedingt durch die Arbeitsspitze im Herbst und aus logistischen Gründen, oft schwer umsetzbar. Falls stark schädigende Sekundärpilze wie Essigfäule oder Penicillium stärker auftreten, sollte aber unbedingt draußen kontrolliert werden, ob befallene Traubenteile vor der Vollernterlese entfernt wurden, dies gilt auch für Basisqualität.
Aufgrund der kurzfristigen und teilweise außerplanmäßigen Verfügbarkeit (Wochenende, Abendstunden) kommen in der Regel für die Erntegutbewertung nur interne Prüfer in Frage. Diese können aus Mitgliedern bestehen, die zum Beispiel in den „Ausschuss Bonitur im Weinberg“ gewählt werden. Dies bedeutet geringeren Organisationsaufwand und kurze Wege, Aufwendungen fallen nur innerhalb der Erzeugergemeinschaft selbst an. Ein gangbarer Lösungsansatz ist die Beauftragung eines angestellten Qualitätsmanagers, der neben dieser Tätigkeit die Winzer das ganze Jahr über in anbautechnischen Fragen berät und betreut. Diese Mitwirkung kann sich von der standortangepassten Rebsortenwahl bis zur Federführung bei der Erstellung des Leseplanes erstrecken. Nachteilig ist die Verquickung von Beratung und Kontrolle in einer Person, was zu vorprogrammierten Interessenkonflikte führen kann. Zur Kostenreduktion können sich auch mehrere kleinere Erzeugergemeinschaften eine Person teilen oder einen externen unabhängigen Gutachter beauftragen, der die Bewertung als Dienstleistung anbietet. Diese Dienste bieten zunehmend Weinlabors an. Da sich hierzu noch kaum gängige Marktpreise ausgebildet haben, schwanken die Angebote. Umfang und Preis der Dienstleistung ist Verhandlungssache, verschiedene Angebote sollten verglichen werden. Nachteilig ist hierbei, dass über den Herbst kaum eine Person mehrere Erzeugergemeinschaften gleichzeitig betreuen kann und sich daher die Betreuung oftmals auf die analytische Probennahme beschränkt.

EDV als zukünftige Hilfe bei der Bonitierung und Auffindung von Parzellen
Als nächster Schritt erwägen größere Erzeugergemeinschaften, die Bonitierung der Weinberge auf EDV-Basis zu unterstützen. Hier gibt es erste Lösungsansätze die erlauben, dass solche Ergebnisse gleich über einen Pocket-PC im Feld eingelesen werden können, so dass schriftliche Aufzeichnungen auf Papier weitgehend entfallen. Feste Stammdaten vom Weinberg wie Parzellennummer, Pflanzjahr und Sorte sind bereits im PC hinterlegt. Der Winzer erhält später einen Ausdruck von seinen Ergebnissen. Auf diese Weise ist die Dokumentation der Ergebnisse gesichert. Bei der Traubenannahme liegt sofort das parzellengenaue Boniturergebnis vor, Ertragsschätzung möglichst mit eingeschlossen. Somit lassen sich anschaulich Boniturergebnisse und Erntedaten miteinander vergleichen, diese Rückkopplung lässt auch eine Qualitätsanalyse der Boniturbewertung zu. Ergebnisse von Einzelparzellen können noch über Jahre abgerufen werden.
Eine weitere Einsatzmöglichkeit sind elektronisch hinterlegte Karten, so kann mit einem Navigationsgerät jede beliebige Parzelle auch von ortsunkundigen Personen rasch und sicher aufgefunden werden. Nicht nur bei der Bonitur kann es nützlich sein, sich zu vergewissern, dass auch die richtige Parzelle bewertet wird. Auch wenn sich etwa der Kellermeister verschiedene Parzellen einer bestimmten Rebsorte vor der Lese kurzfristig betrachten möchte, ist solch ein Navigationssystem hilfreich.
Eine Kenntlichmachung der Parzellen an den Endpfählen erfüllt zweierlei. Zum Einen zeigt diese Beschilderung die Endzeilen einer Parzelle an. Nicht immer ist eine klare Abgrenzung durch Sortenwechsel oder verschiedenartiger Pfahlfabrikate gegeben, auch wird mitunter nur ein Teilbereich einer Parzelle in die Bonitur einbezogen. Zum Anderen erfahren Außenstehende, etwa Spaziergänger als potenzielle Weinkunden, wo Weine von eben diesen schön gepflegten Weinbergen erhältlich sind.

Ausblick
Gerade für mittlere Genossenschaftsbetriebe und kleinere Erzeugerkellereien stellt die Bonitur im Weinberg eine wichtige Möglichkeit der Qualitätssicherung von hochwertigem Traubenmaterial und einer qualitätsabhängigen Bezahlung dar. Die Gewissheit, dass ein Kontrollgremium die Weinberge in ihrem Pflegezustand beurteilt führt schon an sich zu einer qualitätsbewussteren Bewirtschaftung. Das färbt auch auf Mitglieder ab, die sich bisher an den Programmen nicht beteiligten, da die örtliche Winzerschaft insgesamt sensibilisiert wird. Der Organisationsaufwand ist zwar zunächst hoch, die Kosten sind aber überschaubar. Im Einstiegsjahr hat sich ein Probelauf auf einer überschaubaren Fläche zur Sammlung von Erfahrungen bewährt. Wichtig ist, dass eine parzellengenaue Anlieferung und Auszahlung der Trauben erfolgt. Durch die Beschilderung der Weinberge hat die Bonitur auch eine Marketingfunktion inne. Sie kann interessierten Weinkunden die Qualitätsanstrengungen der Mitgliedswinzer transparent machen.
Großbetriebe werden zukünftig verstärkt in modernste Analysentechnik investieren, für Kleinbetriebe wird die visuelle Beurteilung des Lesegutes bei der Traubenannahme vorerst noch die kostengünstigere Möglichkeit darstellen.


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